Internationales Roaming innerhalb und außerhalb der Europäischen Union
Unter „Internationalem Roaming“ versteht man die Nutzung der SIM-Karte des eigenen Mobilfunknetzanbieters (Betreiber des Heimatnetzes) im Mobilfunknetz eines anderen Landes (besuchtes Netz).
Über viele Jahre waren im Consumer-Markt die Verbraucher*innen beim Roaming den teilweise absurd hohen Aufschlägen der Mobilfunknetzanbieter quasi schutzlos ausgesetzt. Die Fälle, in denen eine aus dem Urlaubsparadies nachtrudelnde Handyrechnung aus der Erholung ein Ärgernis machte, sind ungezählt. Die EU hat dem bunten Treiben lange zugesehen – erst im Juni 2017 wurde dieser für die Betreiber sehr lukrativen Praxis dann ein Riegel vorgeschoben.
Umfassende Infos findet ihr bei den Kolleg*innen von Check24 im Ratgeber zu Roaming und Handynutzung inner- & außerhalb der EU.
EU-Roaming: „Roam like at Home“
Seitdem gilt in EU-Ländern das Prinzip „Roam like at Home“. Im Grundsatz heißt dies, dass Nutzer*innen ihren inländischen Tarif zu den gleichen Konditionen nutzen können wie zu Hause – allerdings wie erwähnt nur im EU-Ausland und einigen weiteren Ländern, die sich der EU-Roaming-Verordnung angeschlossen haben (namentlich Liechtenstein, Norwegen und Island).
Fair-Use-Regelung und Tarif-Aufschläge
Trotz dieser an sich klaren Regelung gibt es auch beim EU-Roaming noch Ausnahmen, allen voran die sogenannte Fair-Use-Regelung zur „angemessenen Nutzung“. Hier können Mobilfunkanbieter noch Aufschläge erheben, wenn die Nutzung von Roamingdiensten im Sinne der Regelung unangemessen ist.
Das wäre etwa der Fall, wenn Nutzer*innen einen günstigen Tarif aus dem EU-Ausland dauerhaft in Deutschland verwenden. Die Provider ermitteln dies automatisiert über eine Analyse der Nutzungsprofile.
Tarifbremse bei 59,50 Euro
Die Aufschläge sind allerdings minutiös geregelt und zudem gedeckelt, sodass eine Tarifbremse und damit ein Kosten-Airbag greift: bei 50 Euro, zuzüglich Mehrwertsteuer in Deutschland dann 59,50 Euro.
Diese Tarifbremse gilt übrigens weltweit – Nutzer*innen erhalten eine Nachricht, sobald 80 Prozent des Betrags erreicht sind. Wird die Preisgrenze dann endgültig erreicht, folgt eine weitere Nachricht und die Teilnahme am Roaming wird unterbunden, bis die Nutzerin bzw. der Nutzer ein Auslandspaket bucht (in aller Regel kostenpflichtig).
Bucht sie oder er kein Paket, steht kein mobiles Internet mehr zur Verfügung und die Nutzerin bzw. der Nutzer muss sich von WLAN zu WLAN hangeln. Das ist zwar nicht bequem, dafür behält man die Kontrolle über die Kosten.
19,80 Euro pro Megabyte
Bei Preisen von bis zu 20 Euro pro Megabyte können allerdings schon der Versand eines einzigen Fotos per Mail, das Update einer App im Hintergrund oder ein paar WhatsApp-Sprachnachrichten das Budget sprengen.
Dazu hier beispielhaft der World-Data-Tarif von Vodafone: In Zone 4 (zum Beispiel: Mexiko, Indonesien, Russland, übrigens auch Roaming im Flugzeug) kosten 50 kB satte 0,99 Euro. Grob gerechnet also: 20 x 0,99 Euro/50 kB = 19,80 Euro pro Megabyte. In diesem Tarif würde also der Deckel schon bei drei verbrauchten Megabyte greifen.
Auszug aus der Vodafone-Preisliste
„InfoDok 443: Vodafone World und World Data für Vertragskunden“
Tarifbremse bei Business-Tarifen
Das Prekäre bei den Business-Tarifen ist nun: Diese für die Endverbraucher*innen verbindliche Kostenbremse von 59,50 Euro greift nicht!
Denn die Bestimmungen für Geschäftskund*innen werden in der Regel durch die sogenannten Rahmenverträge festgesetzt. Und hier gelten im Kleingedruckten ganz andere Bedingungen.
Rahmenverträge mit Geschäftskund*innen basieren grundsätzlich auf maßgeschneiderten Angeboten, bei welchen auch abweichende Roamingleistungen vereinbart werden können. Natürlich lassen sich auch Vereinbarungen für die Gültigkeit eines Rahmenvertrags in Nicht-EU-Mitgliedstaaten treffen.
Was nun die B2B-Tarifbremse angeht: Unserer Erfahrung nach „deckeln“ die Mobilfunkanbieter bei Business-Tarifen erst deutlich später: bei sagenhaften 3.000 Euro.
High-Spender-Alarm bei 3.000 Euro
Erst wenn dieser enorme Betrag verbraucht wurde, löst der Nutzer einen sogenannten High-Spender-Alarm aus, welcher wiederum zur Buchung eines zusätzlichen Auslandsreisepakets führt.
Die Buchung wird vorgenommen, um das Unternehmen, zu dem der Business-Tarif gehört, „vor Schaden zu bewahren“ – dies teilte uns nonchalant einmal ein Servicemitarbeiter eines Providers mit. Als ob die dann ja bereits angefallenen 3.000 Euro für eine Mobilfunkrechnung kein Schaden seien.
Roaming im Business-Tarif: Reklamation und Rückerstattung
Es ist daher kein Wunder, dass sich die Mobilfunkanbieter regelmäßig schockierten und verärgerten Geschäftskund*innen gegenübersehen, die verständlicherweise die als unverhältnismäßig hoch empfundenen Roaming-Beträge reklamieren.
Das ist aus Unternehmenssicht auch durchaus empfehlenswert, denn die Provider verweisen zwar zunächst meist ablehnend auf die Bestimmungen der Rahmenverträge und auf die Standard-Kurznachricht, die beim Erreichen des Ziellandes und beim Einwählen in ein besuchtes Netz verschickt wird.
In vielen Fällen zeigen sich die Mobilfunkanbieter dann aber kulant und erstatten unserer Erfahrung nach regelmäßig 30-50 Prozent der Beträge zurück. Ein schaler Beigeschmack bleibt kundenseitig dennoch oft. Schließlich mangelt es hier entschieden an Transparenz seitens der Provider.
Lese hierzu auch: 5 Fakten zu Business-Tarifen, die du noch nicht kanntest
3.000 Euro für ein paar Videos
Auch die einzelnen Nutzer*innen sind natürlich stark verunsichert, wenn die Verwendung eines Smart Devices ein solches Kostenrisiko darstellt. Muss man befürchten, dass die „eben mal schnell“ aufs Firmengerät heruntergeladene Präsentation, die Synchronisierung von Cloud-Diensten, Apps und Ordnern oder das Skype-Gespräch mit dem Team enorme Kosten und damit verbundenen Ärger bei der Kostenstellung hervorrufen, ist es mit der positiven User-Experience dahin.
Und tatsächlich sollten Geschäftsreisende außerhalb der EU (das betrifft also auch die Schweiz) bei der Nutzung ihres Business-Mobilfunktarifs die größte Sorgfalt walten lassen und sich mit den Roaming-Bedingungen ihres Rahmenvertrages minutiös genau auskennen. Denn die Kosten drohen ja wirklich.
Sonderfall: Satellitennetz bei Flugzeugen und Schiffen
Gewarnt sein müssen Reisende auch auf Schiffen und bei Flugreisen. Loggt sich ihr mobiles Endgerät nämlich in das sündhaft teure Satellitennetz ein, kann auch das zu drastisch erhöhten Rechnungen führen.
Denn:
- Satellitenverbindungen schlagen mit bis zu 30 Euro pro Megabyte zu Buche,
- der Datenkostenairbag gilt in Flugzeugen nicht und auch
- die ansonsten weltweit verbindlichen Informationspflichten der Mobilfunkanbieter entfallen. Es gibt also auch keinen warnenden Hinweis per SMS.
Obacht ist dabei auch geboten, wenn du dich geographisch noch in der EU aufhältst. Das liegt daran, dass die Mobilfunknetze kurz nach der Küste nicht mehr erreichbar sind und sich gegebenenfalls das Endgerät unbemerkt mit dem Satellitennetz verbindet, sobald kein anderes Netz mehr zur Verfügung steht.
Wenn du dich für strategische Lösungen dieses Tarifproblems interessierst, findest du hier Hilfe. Ansonsten helfen dir vielleicht auch folgende Tipps schon weiter:
Tipps zur Vermeidung hoher Roaming-Kosten
- Wenn du deine Tarifbedingungen nicht genau kennst, verzichte im Nicht-EU-Ausland (und in der Nähe der Grenzen) lieber auf das Roaming. Deaktiviere das mobile Internet an deinem Endgerät und stelle das Roaming ab. Surfe nur in WLAN-Netzen. Anleitungen:
- Nutze bei längeren Aufenthalten eine lokale SIM-Karte mit einem lokalen Tarif. In vielen Geräten lassen sich per Dual-SIM zwei Karten verwalten, wobei du je nach Nutzungsbedarf die Einstellungen anpassen und wechseln kannst. Erfahre hier mehr über Dual-SIM-Nutzungsszenarien.
- Nutze mit deinen Endgeräten kein mobiles Internet in Flugzeugen oder auf Schiffen (teure Satellitenverbindungen).
- Aktiviere in Flugzeugen oder auf Schiffen den Flugmodus.
- Buche bei Bedarf und Verfügbarkeit lieber eines der von vielen Flug- und Fährlinien bereitgestellten WLAN-Pakete, zum Beispiel das FlyNet der Lufthansa.
- Achte in der Nähe der EU-Außengrenzen genau darauf, in welchem Netz du dich befindest.
- Hole frühzeitig vor der Reise Infos über Datenpakete deines Anbieters ein.
- Aktualisiere deine Tarife, um veraltete Roaming-Konzepte zu eliminieren. Neue Tarifgenerationen haben oft ein paar Nicht-EU-Freiminuten oder kleine Datenpakete mit dabei, die das Schlimmste abfedern können.
- Überarbeite deine aktuelle Strategie für Telekommunikations-Kostenmanagement.
Gerne helfen wir dir dabei: Kontakt.
Weblinks: Internationales Roaming
- Internationales Roaming: WLAN und Mobilfunk im Ausland (verbraucherzentrale.de)
- Handy im Flugzeug: Flugmodus schützt vor Kostenfalle an Bord (verbraucherzentrale.de)
- Telefonieren und surfen auf Schiffen (verbraucherzentrale.de)
- Abzocke: internationales Roaming – Wenn eine Minute Surfen 60 Euro kostet (Westfälische Nachrichten)
B2B-Tarifbetreuung
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